Freitag, 28. Dezember 2012

Aufklärung

Bevor Roxana nach Deutschland kam, hatte sie mit dem Wort Aufklärung immer nur ein Zeitalter verbunden und an Philosphen wie Kant und Voltaire gedacht. Dass unter demselben Begriff in Deutschland auch etwas ganz anderes verstanden wird, lernte sie nach ihrer Ankunft in Deutschland recht schnell.
Und genau daran wurde sie neulich erinnert, als sie in der Stadtbücherei durch die Regale stöberte und beim Blättern durch eines der Bücher auf eine Seite stieß, die sie leise aufschreien ließ. Sie konnte nicht glauben, was sie dort in diesem Buch für Kinder las:
...
"Und die Frau hat eine Spalte", erklärte Olli. "So wie Meike."
"Manchmal haben wir Lust uns zu streicheln und zu küssen", erzählt Mama.
"Dabei wird Papas Glied steif und gleitet in meine Spalte."
...
Ja, sie wusste seit ihren ersten Tagen in Deutschland, das sexuelle Aufklärung hier sehr offen ist und früh beginnt. Dennoch war sie schockiert und musste ein Foto der Buchseite machen und an ihre Freunde schicken.
Zu Hause in Venezuela denkt zwar jeder an Sex, aber niemand spricht offen darüber. Ihre Eltern hatten nie mit ihr über Sex gesprochen und alles was sie darüber wusste, hatte sie von anderen Kindern auf dem Schulhof und dem wenigen, was der Biologieunterricht darüber lehrte, erfahren. Das vom Biologieunterricht war steril und öde und das vom Schulhof stellte sich später in der Praxis als ziemlich unpräzise heraus.
Dafür blieben ihr für viele Jahre die Worte einer Nonne deutlich in Erinnerung, die meinte, Sex sei etwas Schreckliches und Schmerzvolles, das Frauen über sich ergehen lassen müssten.
So hatten sie und ihre Freunde über Jahre ein wirres und nebulöses Bild von Sex in ihren Köpfen. Dass Sex etwas ganz Normales ist, etwas Gesundes, das man genießt - diese Idee wurde ihnen nie vermittelt.
Und auch ihre vielen Jahre in Deutschland haben nichts daran ändern können: Bis heute fühlt Roxana sich unwohl, wird rot und kann oft nur schwer ein Kichern unterdrücken, wenn ein Buch oder eine Konversation offen das Thema Sexualität streift.
Ein wenig nervös denkt sie an den Moment, in nicht allzuferner Zeit, in dem sie ihren in Deutschland geborenen und lebenden Sohn aufklären muss...

Sonntag, 16. Dezember 2012

Rückkehr der Weihnachtsunterhosen

Auf allgemeinen Wunsch zurück: Die Neuenheimer Weihachstsunterhosen (klicken zum Vergrößern):


Und hier im Detail als Anleitung zum Selbermachen:

Samstag, 24. November 2012

Herzlichen Glückwunsch schon mal

Larry war noch nicht zu lange von Australien nach Deutschland gezogen als er einem Kollegen noch ein paar freundliche Worte mit ins Wochenende geben wollte. Der Kollege hatte nämlich am Sonntag Geburtstag und so sagte ihm Larry:
"Und falls wir uns nicht mehr sehen, schon mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag - dass Du einen schönen Tag hast!"
Kaum waren seine Worte verklungen, wurde es leichenstill im Raum. Niemand sagte ein Wort, die Zeit schien still zu stehen, und der Kollege schaut Larry mit Panik im Gesicht an.
Was war geschehen? Larry verstand nicht. Während der Kollege weiß im Gesicht aus dem Raum torkelte, nahm ein anderer Kollegen Larry bei der Hand, zog ihn in eine ruhige Ecke und klärte ihn auf: Niemals, dürfe man jemannden vor dem eigentlichen Tag Glückwünsche überbringen. Dies bringe Unglück und müsse auf alle Fälle vermieden werden.
Larry verstand. Natürlich, so musste es sein! Als nächstes würden sie ihm etwas von der Konstellation der Sterne erzählen, und er würde Voodoo-Püppchen auf den Schreibtischen der Kollegen finden.
In Australien, war es relativ egal, ob man vorher oder nachher oder sonstwann gratulierte. Nur in Deuschland war Larry seit diesem Zeitpunkt auf der Hut - denn selbstverständlich wollte er niemandem Unglück bringen.

Samstag, 11. August 2012

Andere Geräusche

Wenn Deepali in Indien aufwacht, hört sie um sich herum die verschiedensten Geräusche.
Das Klatschen der Zeitung, wenn diese auf dem Balkon landet, auf den der Bote sie warf. Der Milchmann, der von Tür zu Tür zieht. Der Müllmann, der klingelt, um sicherzustellen, dass auch niemand vergessen hat, den Müll herauszustellen. Das Rufen des Lumpensammlers auf der Straße, die Putzfrau, die mit dem Reinigen beginnt, die Köchin, die zur Tür hineinkommt...

Zurück in Deutschland ist das erste, was Deepali nach dem Aufwachen hört, das Ticken der elektrischen Uhr. Sie lächelt und weiß, dass es für die nächste Stunde das einzige Geräusch ist, das sie hören wird.

Freitag, 3. August 2012

Schild-Bürger: Außer Betrieb

 Was steht denn da oben, über der Werbung auf dem weißen Zettel...?

Gehen wir einmal näher heran...

Ah, "Außer Betrieb" - die Uhr funktioniert also nicht! Wer hätte das gedacht, Danke für den Hinweis.
Und ich war schon kurz davor die Uhrzeit abzulesen.

Freitag, 1. Juni 2012

7 + 1: Luisa (Brasilien)

7 Sachen, die mir an Deutschland gefallen:
  • Die Jahreszeiten sind hier unterschiedlich, und man kann jede immer wieder neu genießen
  • Die Sicherheit
  • Große Auswahl an Freizeit- / Spaß- / Spielangeboten für Familie & Kinder
  • Spargel, Champignons, Kirschen, Marzipan und die große Auswahl an Äpfeln und Birnen (diese Dinge fehlen in Brasilien)
  • Asphaltierte Straßen und Fahrradwege
  • Ampeln und Fahrgebote werden respektiert, und es herscht kein Chaos auf den Straßen
  • Dass es hier Pflicht ist, eine Krankenkasse zu haben, und man mehr auf sich selbst achtet
1 Sache, die ich in Deutschland vermisse:
  • Mir fehlen außer ein paar Obst- und Gemüsensorten, das pulsierendes Leben von Sao Paulo

Samstag, 19. Mai 2012

Freundinnen & Lächeln

Roxana war es gewohnt zu lächeln, wenn sie mit Menschen sprach - selbst wenn sie diese zum ersten Mal traf.
Während ihrer ersten Zeit in Deutschland passierte jedoch häufig etwas Merkwürdiges, wenn ihre Gegenüber männlich waren: Sie erwähnten aus heiterem Himmel direkt zu Beginn des Gespräches ihre Freundinnen.
Zunächst fand sie dies seltsam, zudem es nicht recht zur Verschlossenheit passte, die sie bislang von den Deutschen erfahren hatte.
Nach einer Weile ging ihr ein Licht auf und ihre wurde klar, dass ihr Lächeln als falsches Signal verstanden wurde - "Meine Güte, was denken die...!?"
Da sie ihr Lächeln und ihre Natur nicht unterdrücken wollte, ging sie in die Offensive, griff die Methoden ihrer Gegenüber auf und erwähnte beiläufig zu Beginn jeder Konversation ihren Freund. So ging's.

Freitag, 6. April 2012

Die Frage nach dem Weg

Als Deepalis Eltern sie das erste Mal in Deutschland besuchten, fuhren sie mit dem Auto von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Zumindest versuchten sie es, denn immer wieder mussten sie stoppen, um den Weg zu suchen.
Deepali holte jedes Mal eine Karte hervor und versuchte, die richtige Route zu finden.
Ihre Mutter sah dem Ganzen mit Staunen zu und fragte schließlich "Was soll denn das mit der Karte? Warum fragen wir denn nicht einfach die Leute auf der Straßen? Weiß denn hier keiner die Richtung?". Schon ein paar Erfahrungen in Deutschland reicher entgegnete Deepali, dass man das hier nicht mache.
Als Deepali, dann schließlich an einen Ort kam, an dem ihr ihre Karte nicht weiter hilf, stieg sie aus und fragte den ersten Passanten nach dem Weg. "Weiß ich nicht", antwortete dieser, "aber wenn sie hier noch ein Stück geradeaus laufen, kommen sie zu einem Laden, bei dem sie eine Karte kaufen können."

Montag, 2. April 2012

Schild-Bürger: Schlüsselangst


Was es nicht alles für Ängste gibt.
Von Höhenangst hatten wir schon gehört. Auch von Platzangst. Prüfungsangst und Flugangst sowieso. Aber Schlüsselangst? Clavisphobie? Vor was fürchtet man sich da? Den Schlüssel zu verlieren? Oder fürchtet man den Schlüssel an sich?

Dienstag, 6. März 2012

Klopfen

Larrys erste Erfahrung mit Deutschland fanden bei einem Bewerbungsgespräch statt. Er wurde in die Firmenzentrale des potenziellen Arbeitsgebers eingeladen und musste sich per Assessment Center befragen lassen.
Er wurde befragt und getestet. Irgendwann im Laufe des Tages wurde er mit allen anderen Teilnehmern in einen Raum eingeladen, um sich dort einen Überblicksvortrag über die Firma anzuhören. Man saß rund um einen großen Tisch und am Kopfende trug eine Dame vor.
Als der Vortrag beendet war, begann er zu klatschen - so wie er es von Australien gewohnt war. Doch kaum hatte er 5 mal geklatscht, bemerkte er, dass er der einzige war, der klatschte.
Er verlangsamte sein Klatschen, schaute nach links, schaute nach rechts: Alle anderen um ihn klopften mit den Knöcheln ihrer Faust auf den Tisch...
Larry entgegnete den Blicken, die er erntete, mit einem verlegenen Lächeln, wurde rot, senkte seine Hände und klopfte mit allen anderen mit.
Seit diesem Tag klopft Larry.
Heute, viele Jahre später, ist er längst zu einem Klopfexperten geworden. Nicht nur dass er weiß, wie man richtig nach einem Vortrag klopft, er kann inzwischen sogar Melodien klopfen und bietet Ausländern, die neu im Land sind, einwöchige Abendkurse für "Klopfen im Professionellen Umfeld" an.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Die ernsten deutschen Frauen, Teil 2

"In Deutschland erschrecken die Frauen, wenn man sie an nicht offiziellen Flirtorten, also im Club oder im Internet, anspricht. Für das Flirten brauchen deutsche Frauen Zonen. So wie die Raucherzone. Das ist nicht gerade die Flirtkultur, die ich aus Frankreich kenne. Es gibt hier gar keine Flirtkultur! Aber vielleicht wird das auch nicht erwartet oder verlangt. Die deutsche Frau reagiert aufs Flirten mit: »Was will er von mir?«, dabei sollte die Frage einfach heißen: »Was will ich von ihm?« Ich frage mich immer noch, wie die Deutschen zusammenkommen."

Von Alain-Xavier Wurst - komplettes Interview findet sich in der Zeit.

Samstag, 4. Februar 2012

Die ernsten deutschen Frauen

Die deutschen Frauen kamen Nuno immer furchtbar ernst vor.
Auch nach 10 Jahren im Land, versteht Nuno nicht, wie man mit einer deutschen Frau flirten kann, und es sprengt sein Vorstellungsvermögen, wie denn gar eine romantische Konversation aussehen könnte.
Aus Portugal war er es gewohnt, dass man eine Frau mit einer humorvollen Bemerkung anspricht.
Nur wenn er es ab und zu in Deutschland mit seinem Humor versuchte, fanden die Frauen seine geistreichen Bemerkungen gar nicht geistreich und starrten ihn im besten Fall entgeistert an.
Auf diese Weise schockierte er mit wechselnden Reaktionen, aber stets ohne ein Lachen oder Lächeln zu ernten, einige Jahre die Damenwelt Deutschlands.
Kam sein Humor nicht an, oder war es lediglich die deutsche Sprache, die den Witz aus seinen Worten filterte?
Wie auch immer, schließlich gab er es auf herauszufinden, was denn deutsche Frauen lustig finden. Immerhin beruhigte es ihn, dass Ausländerinnen nach wie vor über seinen Witz lachen konnten.
Dies alles hätte seinen südländischen Stolz arg angreifen können. Doch da seine Freundin eines Tages einen Antrag auf einen deutschen Pass stellte, konnte er sich sagen, dass er es letztlich geschafft hatte, eine Deutsche von sich und seinem Humor zu überzeugen.

Sonntag, 29. Januar 2012

Leavenworth

Heute einmal etwas ganz anderes - ein Video.



Leavenworth ist ein Kaff im US-Staat Washington. Nachdem es in dem Dorf mit der Wirtschaft bergab ging, kam man auf die Idee, es in ein deutsches Alpendorf umzubauen. Im Video sieht man, wie typische Deutsche leben und feiern.

Sonntag, 22. Januar 2012

Statistik: Ausländer in Deutschland


Quelle: Die Zeit 04-2012, Klick zum Vergrößern

Samstag, 14. Januar 2012

Sammelboxen am Straßenrand

Auch nach über zehn Jahren in Deutschland wundert sich Luisa jedes mal aufs neues über die Samelboxen, die am Straßenrand aufgestellt werden, damit Kunden ihre selbstgepflückten Blumen oder ähnliches selber bezahlen.
Sie sah es wieder und wieder in Deutschland: Ein Bauernhof, der auf einem Tisch vor dem Gut Gläser mit Honig verkauft, ein Feld, auf dem man Erdbeeren selber in die Schälchen füllen soll, ein Stand am Wegesrand, der Kürbisse verkauft, die man vor dem Bezahlen noch selber wiegen sollte.
Wie konnte das funktionieren? Waren die Menschen hier wirklich so ehrlich?
Ein Freund scherzte und sagte ihr einst "Luisa, in Brasilien wäre wohl zuerst die Sammelbox verschwunden!" Luisa schaute ihn ruhig an und erwiderte "Nein, alles würde verschwinden, die Blumen, die Früchte, die Waage... aber nicht die Box. Die wäre nämlich immer leer, und warum sollte sie dann jemand mitnehmen?"

Samstag, 7. Januar 2012

7 + 1: Larry (Australien)

7 Sachen, die mir an Deutschland gefallen:
  • 4 erkennbare, deutlich unterschiedliche Jahreszeiten
  • Die Vielfalt an tollen Biersorten, und die Tatsache, dass es teilweise billiger als Wasser ist
  • Die Nähe zu anderen europäischen Länder allgemein, und als begeisterter Wintersportler, insbesondere den Alpen
  • Autobahnen ohne Tempolimit und der vergleichsweise günstige Bußgeldkatalog
  • Die deutschen Frauen, die durchschnittlich hübscher und freizügiger sind als in Australien ;-)
  • Die Weihnachtsmärkte
  • Die Deutsche Küche - von einfachen Bratwürsten über leckere Hausfrauenklassiker wie Kassler, Rindsrouladen, Grünkohl, Bratkartoffeln, bis hin zu den vielen Brotsorten und der dazugehörigen großen Auswahl an Aufschnitt ... hier schmeckt mir fast alles
1 Sache, die ich in Deutschland vermisse:
  • Trotz Punkt 7: Essen. Ich vermisse den frischen Fisch/Meeresfrüchte, anständiges Rindfleisch und die Qualität des Obstes in Australien