Donnerstag, 31. Dezember 2009

Nichts passiert

Decebal hatte auf die falsche Ampel geschaut, fuhr an und bremste zu spät. Es gab einen sanften Schlag als er vor sich auf den 12 Jahre alten Kleinwagen von Renault auffuhr.

Man stieg aus und betrachtete gemeinsam die Stoßstangen der beiden Wagen. Nichts zu sehen, keine Beule, kein Kratzer, nichts.
Decebal wollte schon weiterfahren, als die Fahrerin des anderen Wagens ihn zurückhielt und sagte, so ginge das doch nicht. Auch wenn nichts zu sehen sei, so könne doch das Chassis verzogen oder ein anderer nicht sichtbarer Schaden entstanden sein.
Es nützte nichts, dass er ihr erklärte, Stoßstangen seien genau für den Zweck gebaut, dass eben dies nicht passiere. Sie ließ nicht ab, bestand darauf, dass er ein Papier mit Schuldeingestädnis unterschriebe und sie den Schaden begutachten lasse. Decebal wies sie darauf hin, daß sie bei einem negativen Befund den Gutachter selber bezahlen müsse.
So ginge es aber nicht, ließ die Renault-Fahrerin Decebal erneut wissen und bestand nun darauf, die Polizei zu rufen. Diese kam nach zirka einer Stunde, und zwei Beamte begannen, die beiden Wagen kurz zu untersuchen - mit dem "überraschenden" Ergebnis, dass nichts passiert sei.
Um den Formalitäten genüge zu tun, dokumentierten sie noch ausführlich den Unfallverlauf und nahmen die Personalien aller Anwensenden auf.
Zurück im Auto dachte Decebal "Warum kann ich nicht in einem der 98% Länder wohnen, wo man sich nach solch einem Unfall mit 'Idiot' anschreit, dann weiterfährt, und die ganze Sache noch am selben Tag vergisst?"

Sonntag, 20. Dezember 2009

Schild-Bürger: Tanzverbot II


Wichtig, nicht vergessen: Weihnachten darf nicht getanzt werden. Wer dennoch dabei ertappt wird, wie er neben dem Tannenbaum die Beine schwingt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen (bis zu 7 Jahre Tanzverbot).

Ebenso erwähnenswert: In der Nacht zum 1. Januar müssen Restaurants nicht um 1:00 schließen. Wunderbar, lange aufbleiben an Silvester - ein Menschheitstraum geht in Erfüllung. Die Regelungen gilt übrigens nicht für Sündenpfuhle wie Hamburg oder Köln.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Freundliche Verkäufer

Nicoletta wundert sich bis heute, wenn Amerikaner ihr ezählen, wie unglaublich unfreundlich Verkäufer in deutschen Geschäften seien.
Als sie Anfang der 90er Jahre aus Rumänien nach Deutschland kam, erschien es ihr genau umgekehrt. Die Verkäufer machten auf sie einen extrem freundlichen Eindruck.
Es kam ihr so fremdartig vor, dass sie daran zweifelte, dass das Verhalten echt sei, und sie Anfangs glaubte, die Verkäufer würden für sie Theater spielen.
Aus Rumänien war sie es nicht gewohnt, angeschaut, geschweige denn freundlich begrüßt zu werden. Dort lief eine Beratung im Fachgeschäft wie folgt ab:
"Was wollen sie?"
"Haben sie A?"
"Nein."
"Haben sie B?"
"Haben wir nicht."
"Haben sie C?"
"Nein!"
"Haben sie D?"
Rumms - und D wurde auf die Theke geknallt.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Im Land der Barbaren

Als Veronika von Wien nach Berlin zog, schockierte sie ihr neues Zuhause mit zwei Dingen: Direktheit und Monstrosität.
Die Architektur Berlins erschlug sie mit ihrer klotzigen Disharmonie. Alles war groß, die Häuser wie wahhlos zusammengewürfelte Blöcke, nichts schien zueinander zu passen.
Vergeblich suchte sie Gassen oder gar Gässchen. Auch die kleinsten Straßen kamen ihr vor wie der Wiener Gürtel, wie mächtige Alleen.
Fern in der Heimat war sie es gewohnt, dass die Dinge herausgeputzt sein mussten - dass wenigstens die Fassade etwas hergeben musste, selbst wenn darunter alles morbid und zerfallen sein mochte.
Das einzige, was zu all dieser Disharmonie zu harmonieren schien, war die Direktheit der Leute. In Österreich redete man um den heißen Brei herum, sagte nicht, was man sagen wollte, legte viel Wert auf die Feinheiten der Sprache.
In Berlin hingegen kamen die Leute ohne Umweg zum Punkt. In der ersten Zeit war ihr, als würden ihr die Antworten der Berliner wie Peitschenhiebe ins Gesicht schlagen.
Es gab kaum ein Danke, kaum ein Gerne und keine Floskeln. Sie hatte das Gefühl, inmitten eines unerzogenenen Volkes, bei Barbaren gelandet zu sein, und wenn sie sich umschaute und den Menschen lauschte, so war ihr als schlügen sie mit Äxten aufeinander ein. Passte jemanden etwas nicht, so wurde nicht lange gefackelt, sondern ohne Umschweife verbal drauf gehauen.
Es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, dass manch Schroffheit nicht als solche gemeint war, und auch der Berliner ab und an zu Liebenswürdigkeiten neigte.