Samstag, 24. Oktober 2009

Guter Stuhl

Patrícia lernte viel bei ihren Arztbesuchen. Vor allem, dass es im Deutschen seltsame Wörter für Krankheiten, Körperteile und alles andere, was mit Medizin zu tun hatte, gab.
So saß sie eines Tages in einer Praxis einem Endokrinologen gegenüber. Als dieser ihren Namen las, fragte er sie, wo sie denn herkomme, was sie in Deutschland mache, wie es ihr hier gefalle.
Sie sprachen locker über dies und das, als er plötzlich eine Pause machte, sie etwas ernster anblickte und fragte "Wie ist ihr Stuhl?".
Patrícia, dachte kurz nach und antwortete ganz freundlich "Danke, sehr bequem."
Das war die Wahrheit. In jedem Sinne.

Samstag, 17. Oktober 2009

Schild-Bürger: Nocowanie

Na klar, was sonst?
(Übersetzung in etwa: "Übernachten auf dem Parkplatz verboten" - soll das heißen, dass Leute, die Deutsch sprechen, nicht auf diese Idee kommen?)

Montag, 12. Oktober 2009

Zuhause ist, wo das Herz gerade ist

Was bestimmt, wohin man gehört: der Geburtsort oder die Abstammung? SPIEGEL-ONLINE-Südasienkorrespondent Hasnain Kazim, selbst ein Einwandererkind, berichtet über den schwierigen Spagat zwischen Altländer Zitronenkuchen und indischem Nationalstolz.

Spiegel-Artikel (2009-10-12)

Samstag, 10. Oktober 2009

Zebrastreifen

Es dauerte Monate bis Nicoletta sich daran gewöhnt hatte.

Natürlich gab es auch in Rumänien Zebrastreifen. Allerdings war der Zebrastreifen in Rumänien oft reine Dekoration, ein hübsches Streifenmuster, um die Straßen ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten.
Wenn man eine Straße überqueren wollte, war es völlig egal, ob es einen Zebrastreifen gab oder nicht. Rüber kommen hieß: um sein Leben rennen; nichts anderes.
Völlig irritiert stand sie deswegen in Deutschland am Straßenrand und musste sehen, dass Autos tatsächlich am Zebrastreifen hielten. Und zwar alle und nicht nur besonders freundliche Fahrer.
Wollte man sie auf den Arm nehmen? Nur zögerlich, mit festen Blick auf das Auto begann sie die Straße zu überqueren, immer bereit zum Sprung anzusetzen, wenn das Auto plötzlich losschnellen sollte.
Sie musste die Übung einige Dutzend Male exerzieren, ehe sie verstand, dass nichts passieren würde, und sie ganz entspannt den Zebrastreifen überqueren konnte.

Samstag, 3. Oktober 2009

Im Reich der Finsternis

Francisca genießt die Sonne, wenn sie zu Hause in Chile ist.
Jedes Jahr im Winter verläßt sie für ein paar Wochen Deutschland, um ihre Familie und Heimat zu besuchen. Es ist als fahre sie vom Reich der Finsternis ins Reich des Lichts.
Ihre Stimmung hebt sich sofort, und jeden Tag freut sie sich aufs Neue, die Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht zu spüren.
Kaum aufgestanden schaut sie aus dem Fenster, sieht den blauen Himmel und ruft sich selbst ein "Ach, wie ist das herrlich zu!".
Von ihrer Familie wird das bleiche Mädchen voller Mitleid angeschaut. Welch schreckliche Zeit muss die Arme den Rest des Jahres in Deutschland wohl durchmachen?
Und so nehmen sie es inzwischen gelassen hin, wenn um die Mittagszeit die Sonne auf die Erde brennt, alle Menschen sich in den Schatten geflüchtet haben, eine beschwingte Francisca durch ihre Zimmer stürmt und mit Elan die Vorhänge aufreißt, um die Sonne ins Haus zu lassen.
Soll sie ruhig Wärme tanken, ehe sie ins dunkle, arktische Deutschland zurückkehrt.