Sonntag, 27. September 2009

Sich frei machen

Nachdem die Physiotherapeutin Patrícia ins Behandlungszimmer begleitet hatte, ging sie noch einmal heraus, um kurz etwas nachzuschauen. Beim Herausgehen rief sie Patrícia ein "Machen sie sich frei" zu.
Es war noch nicht allzu lange her, dass Patrícia aus Portugal nach Deutschland gezogen war. Sie verstand zwar, was die Dame gesagt hatte, wusste aber dennoch nicht, was sie tun sollte.
Nun saß sie mutterseelenallein in einem Zimmerchen in Deutschland. Was in Gottes Namen sollte sie frei machen? Die Seele, die Gedanken? Sollte sie sich also entspannen und so Geist und Körper auf die Therapie vorbereiten? Oder sollte sie sich schlicht und einfach entkleiden?
Letzteres erschien ihr ein wenig risikoreich. Wie sähe es denn aus, wenn die Dame zurückkäme, und sie läge nackt auf der Pritsche?
Also entschied Patrícia sich fürs Entspannen. Sie setzte sich auf die Liege, ließ die Beine locker hängen, schloss die Augen und atmete tief ein und aus.
Die Entspannung endete jäh, als eine gänzlich unentspannte Therapeutin vor ihr stand und ihr mit großen Augen ins Gesicht sprach "Habe ich nicht gesagt, sie sollen sich ausziehen!?"
Seit diesem Tag weiß Patrícia, was freimachen bedeutet…

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