Montag, 31. August 2009

Planungssicherheit

Nach 15 Jahren in Deutschland dachte Giorgi, dass ihn eigentlich nichts mehr vom Hocker hauen könne.
Doch als er letzte Woche eine E-Mail von einem Freund weitergeleitet bekam, musste er lernen, dass er inzwischen zwar sehr, aber eben noch nicht 100% integriert ist.
In der E-Mail beriet eine Gruppe Deutscher, wie sie ihr 20-jähriges Schuljubiläum organisieren sollten. Es ging recht konkret zur Sache. Erste Aufgaben wurden verteilt, mögliche Programme besprochen, Lokalitäten gesucht.
Es war August, die Feierlichkeit sollte Anfang Juli stattfinden.
Von Deutschland geschliffen, hätte Giorgi selber solch ein Zusammenkommen nun nicht mehr wie für einen Georgier üblich 3 Wochen vorher einberufen, sondern 6 Monate vorher.
Da er die Deutschen jedoch als Menschen kennengelernt hatte, die extrem planungsfreudig und fähig sind, auch lange voraus geplante Termine peinlichst einzuhalten, schockte es ihn nicht, dass die Feier fast ein Jahr im Voraus geplant wurde.
Bevor er die E-Mail schloss, flog er noch einmal über ihren Inhalt und blieb plötzlich bei der Zahl 2011 hängen. Er starrte auf die Zahl, die immer größer zu werden schien und schrie "Was???".
Er musste erkennen, dass hier nicht 1 Jahr, sondern 2 Jahre im Voraus geplant wurde. "Da kann ja nichts mehr schief gehen. Werden die jetzt als nächstes beim Restaurant anrufen und einen Tisch reservieren?".
In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er immer noch nicht ganz in der deutschen Gesellschaft angekommen war. Er seufzte, schloss die E-Mail und öffnete die Nachrichten-Seite des georgischen Rundfunks.

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